Über Lucie C. Engel
-> was Lucie über sich selbst sagt (2006)
Regina Malskies schrieb 2006 über die Künstlerin:
„…Lucie C. Engel malt bewusst gegenständlich. Und sie malt nur, was sie liebt. Sie malt Landschaften, direkt vor Ort, inmitten der Natur, vor sich die grundierte Leinwand – auf Hiddensee, im Brandenburger Land, vor allem bei Strodehne am Gülper See im Havelland; vier, fünf Stunden hintereinander bis die grobe Skizze steht, auch im Winter. Erst dann malt sie im Atelier weiter, nuanciert, setzt Akzente, vollendet ihre Arbeit. Altmodich nennt die Künstlerin das.
Altmodisch? Lucie C. Engel orientiert sich an tradierter, an bewährter Malkunst, an Künstlern, deren Lebensgeschichte sie bewegt. Die Affinität zur Malerei des Impessionismus ist unübersehbar, doch Frau Engel hat natürlich ihre eigene Technik entwickelt. Sie tupft Farbem, spachtelt und lasiert, bringt alle Formen zusammen und lässt so kraftvolle Bilder entstehen, die angefüllt sind mit Stimmungen und Gefühlen, Sehnsüchten und Träumen, mit Brüchen und Umbrüchen, mit Stärke und jeder Menge Lebenslust, Optimismus und Zuversicht.Dabei sind ihre Bilder nie nur reine Abbilder der Landschaft. Sie zeigen das Leben, das Überleben. Natur, die sich allen Widerständen zum Trotz durchsetzt und unter noch so widrigen Bedingungen gedeiht. Ihre Bilder spiegeln die emotionalen Empfidungen des täglichen Lebens, beinhalten Gefühle, ja ganze Gefühlsstürme, Sehnsüchte, Heim- und Fernweh. Titel wie Abschied, Hoffen, Trauerweiher, Allein mit mir, Der Weg ins Licht, Das Glück kommt morgen… und flammendheiße Orange- und Rot- Töne, lichte bis satte Gelb- und Grün- Töne, tiefes Blau und eisiges Weiß sprechen für sich und beim Betrachter kommt an, was Lucie C. Engel beim Malen hineinlegt.
1950 in Dessau geboren, wuchs die Malerin – nach eigenen Aussagen – in einem wenig künstlerisch ambitionierten Haushalt auf. Trotzdem war sie von Kindheit an an Literatur und Malerei interessiert. Sie studierte Slawistik und war im Buchverlag Volk und Welt tätig. Die Bekanntschaft mit Altmeister Otto Niemeyer-Holstein war dann ausschlaggebend für erste eigene Malversuche. Über Jahre verbrachte Lucie C. Engel ihre Urlaube in seinem Atelier in Lüttenort auf Usedom, schaute ihm fasziniert bei der Arbeit zu, durfte in seinen Werken stöbern, lernte bei ihm das richtige „Sehen“ und sie wurde durch Otto Niemeyer-Holstein an die Impressionisten herangeführt. Aber auch das Leben und Werk von Karl Hagemeister, einem Landschaftsmaler des Jugendstils und Gründungsmitglied der Berliner Secession, hatten Einfluss auf die künstlerische Entwicklung von Lucie C. Engel. (Hagemeister, ein Alternativer seiner Zeit, der in selbstgewählter Einsiedelei sein Verhältnis zur Natur suchte, Impression und Stimmung im Wandel der Jahreszeiten zu bildern verdichtete und sich wenig anpasste.)
Lucie C. Engel hat neben ihrem Atelier in Berlin ihren Rückzugsort im bereits erwähnten Strodehne, einer landschaftlichen Oase im Havelland, nördlich von Rhinow. Hier steht ihr alter Bauwagen, inmitten der Natur, hier findet sie ihre Motive, hier lebt sie ihre Träume, erfüllt ihre Wünsche – hier kann sie sich von ihren Überlebenskämpfen erholen, sich auflehnen gegen die Diktatur des Sachzwangs, des Funktionieren-Müssens.
Aber auch hier ist nicht alles so idyllisch, wie es auf den ersten Blick scheint. Auch hier muss die Künstlerin oftmals Ereignisse verkraften, die für sie nur schwer annehmbar sind – z. B. ökonomisch-technische Erfordernisse, die in den Naturhaushalt grausam eingreifen. So musste eine der alten Silberpappeln weichen, weil eine Schleusenanlage erweitert wurde. Ihre Wut und ihre Trauer darüber brachte Frau Engel in dem Bild „Sterben einer Prinzessin“ zum Ausdruck. Ein hässliches Bild, wie sie sagt. Ja, es ist widerborstig, wild, gegen den Strich gemalt und anders als die anderen Bilder. Aber hässlich? Doch urteilen Sie bitte selbst.
Nicht zuletzt aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte – findet sich in den Bildern auch der Wunsch nach einer anderen Wirklichkeit.
Und das ist auch auf die Gesellschaft zu beziehen. In einer Welt voller Kriege und Terror, Macht und Gewalt, in der Wirtschaftsbosse und Politiker wegen Korruption und Veruntreuung vor Gericht stehen, Sozialreformen vor allem die Ärmsten treffen, in dieser oft bedrückenden Zeit, in der es unangebracht scheint, Protest dekorativ ins Bild zu setzen, sind die in „altmodischer“ Manier gemalten Bilder von Lucie C. Engel auf eine ganz andere Art provozierend. Nicht als Flucht vor dieser Wirklichkeit, sondern aus der Überzeugung heraus, dass bei allen Streitigkeiten das Wichtigste der Mensch ist, dass er anerkant und angenomen wird, so wie er ist. Dass er sein Leben gestalten und seine Träume leben kann. Deshalb sind die Bilder von Lucie C. Engel mit den wachen Sinnen einer Zeitgenossin und dem sensiblen Herzen einer Künstlerin empfunden. Und deshalb kann man sagen, dass die humanistischen Ideen unserer Zeit sich nicht nur in großen monumentalen Werken äußern, sondern gerade auch in solchen bescheidenen und stillen Arbeiten, wie Sie hier sehen können.“
Regina Malskies / Kulturreferentin beim Humanistischen Verband Deutschlands